Brachte uns das Jahr 2002 die Jahrhundertflut , die besonders die
Elbe und ihre Nebenflüsse betraf
(siehe auch: Dokumentation zum Hochwasser der Elbe) , suchte uns im Sommer 2003 eine
außergewöhnlich lange Trockenperiode heim, die besonders in Brandenburg verheerende Auswirkungen
hatte.
Schon am 06.06.2003 berichtete die Lausitzer Rundschau über die Ergebnisse einer Studie Potsdamer
Institutes
für Klimafolgenforschung unter der Überschrift:
Das Land Brandenburg muss sich schon in den
nächsten fünf Jahrzehnten auf dramatische Wetterveränderungen einstellen,
durch die unter anderem eine Erhöhung der Waldbrandgefahr "um 30
Prozent", sinkende Pegelstände in den Flüssen, häufigere Hochwässer sowie
geringere Ernten wegen Dürren drohen. Das geht aus der neuen, mit Spannung
erwarteten ersten „Studie zur klimatischen Entwicklung Brandenburgs bis zum
Jahr 2055“ hervor, die das renommierte "Potsdamer Institut für
Klimafolgenforschung jetzt vorgelegt hat.
VON THORSTEN METZNER
"Die Politik kann Gegenmaßnahmen einleiten, um die
Verwundbarkeit Brandenburgs gezielt zu reduzieren, um Folgen zu mildern",
mahnte Klimaforscher Manfred Stock, der Autor der Studie, gestern auf einer
ÖkologieTagung in Potsdam. "Wir brauchen Risikobewusstsein, politische
Vorsorge und rechtzeitige Entscheidungen - gerade in Brandenburg."
Während die Niederschläge weiter zurück gehen (siehe
Hintergrund), gibt es eine gute Nachricht für die Tourismusbranche. Die Sonne
wird häufiger und länger scheinen, die Bewölkung abnehmen. "Die Tage ohne
Sonnenschein gehen deutlich zurück."
Die Temperaturen werden im Jahresdurchschnitt um 1,5 Grad
steigen, wobei "in der Regel die Winter milder werden, extreme Winter zwar
seltener werden, aber nicht verschwinden." Und wenn es regnet, so der
bereits jetzt spürbare Klimatrend, dann kürzer, aber um so stärker.
Klimaforscher Manfred Stock wies darauf hin, wie
weitreichend die Folgen dieses Klimawandels sein werden. Nicht nur, dass
Brandenburgs Grundwasser-Ressourcen noch drastischer sinken als bislang
erwartet, was den wirkenden Trend zum "Steppenland" verschärft.
"Als Folge könnten die in Brandenburg noch häufig anzutreffenden
ausgedehnten Niederungen, Moore und Luchgebiete verloren gehen." Auch die
Wasserstände in den Flüssen werden sinken, warnte der Wissenschaftler. So drohe
das Deutsche Einheit-Projekt 17, der Ausbau von Havel und Elbe, ein
Milliardengrab zu werden, weil im Sommer gar nicht genug Wasser für die
Schifffahrt da sein werde. "Es gibt eine bessere Verwendung für das
Geld."
Die Kernbotschaft des Wissenschaftlers:
Da das Wasser in Brandenburg drastisch knapper wird, nicht
mehr genug Grundwasser neu gebildet wird, muss in der märkischen Landschaft
künftig sorgfältiger mit den Niederschlägen umgegangen werden. Das Land könne
es sich nicht länger leisten, die hohen Winterniederschläge - unwirksam für
die Grundwasserbildung einfach in Flüsse abzuleiten, sagte auch Matthias
Freude, der Präsident des Brandenburger Landesumweltamtes. Ziel müsse es sein,
sie für den Sommer zurückzuhalten. Sogar bisherige Tabus werden wegen des
Klima-Szenarios bereits diskutiert. Etwa, ob künftig geklärte Abwässer zur
Erneuerung des Brandenburger Grundwassers genutzt werden können.
Das brisanteste Ergebnis der Studie, bei der erstmals die
Auswirkungen der globalen Erderwärmung auf das Brandenburger Klima simuliert
wurden:
Obwohl Brandenburg schon jetzt zu den trockensten Gebieten
Deutschlands gehört werden die Niederschläge von derzeit 560 Millimeter (Liter
je Quadratmeter) pro Jahr bis 2055 um 150 bis 200 Millimeter abnehmen.
Betroffen davon werden alle Teile des Landes sein, wobei im Südberliner Umland
die geringsten Rückgänge und im Süden Brandenburgs die stärksten
Regen-Rückgänge erwartet werden.
Einen weiteren Artikel zu dieser Thematik veröffentlichte
die Lausitzer Rundschau am 01.07.2003:
Die Sahara lässt grüßen, Die Mark Brandenburg wird in den nächsten fünf Jahrzehnten sonniger, wärmer und trockener - was gravierende Folgen für das Land haben wird. Was die RUNDSCHAU bereits vorab berichtete, wurde gestern mit der offiziell vorgestellten
"Studie zur klimatischen Entwicklung Brandenburgs bis zum Jahr 2055" detailliert belegt:
Erhöhung der Waldbrandgefahr um 30 Prozent, sinkende
Pegelstände von Spree und Havel, häufigere Hochwässer, geringere Ernten.
VON THORSTEN METZNER
Die Ursache sehen die Wissenschaftler des renommierten Potsdamer
Institut für Klimafolgenforschung, die die Studie im Auftrag des
Umweltministeriums erstellt haben, im Klimawandel infolge der Erderwärmung.
Dessen Auswirkungen wurden erstmals auf das märkische Regionalklima
"simuliert" .
Klimaforscher Manfred Stock, einer der Autoren der Studie,
forderte deshalb eine Überprüfung des Milliardenprojektes 17, des Ausbaus der
Havel, da nach den Klimaszenarien nicht sicher sei, dass die Havel im Sommer
genug Wasser für die Schifffahrt führen werde. Umweltstaatssekretär Friedhelm
Schmitz-Jersch betonte, die Studie werde dem Bundesverkehrsministerium
zugeleitet.
Während die Niederschläge deutlich zurückgehen
werden (siehe Hintergrund), wird gleichzeitig, der Tourismus mag jubeln, die
Sonne im ganzen Land länger scheinen - 18 bis 36 Minuten mehr pro Tag als die
bisherigen 4,2 bis 4,7 Stunden. Die Temperaturen selbst werden im
Jahresdurchschnitt um 1,5 Grad ansteigen. Besonders dramatische Folgen wird der
Klimawandel auf Brandenburgs bereits seit Jahrzehnten sinkende
Grundwasserstände haben, was den bereits wirkenden Trend zum
"Steppenland" (die RUNDSCHAU berichtete) verschärft. Nach den
Berechnungen der Klimaforscher wird die Grundwasserbildung um rund 50 Prozent
zurückgehen. Dies werde auch zu merklich sinkenden Wasserständen in Seen und
Flüssen führen, was die Wasserqualität (Fischsterben) beeinträchtigt, so die
Studie.
"Einige Oberläufe von Flüssen werden definitiv trocken fallen", so Professor Eckhard Jungfer, der vor dramatischen Auswirkungen besonders für Kleingewässer warnte. Auch sei nicht ausgeschlossen, dass die Spree in trockenen, heißen Sommern nicht mehr nach Norden abfließen könne – und quasi zum stehenden Gewässer werde. Allerdings können negative Folgen, unter anderem für den Spreewald, durch Zukauf von Wasser aus Sachsen abgemildert werden, erklärte SchmitzJersch. Nach seinen Worten werde die geplante Flutung von Tagebau-Restlöchern in der Lausitz, durch die eine neue märkische Seenplatte entstehen soll, in den nächsten 20 Jahren geschehen - so dass das Projekt nicht durch die drohende Wasserknappheit in Brandenburg gefährdet sei.
Obwohl Brandenburg schon jetzt zu den trockensten
Gebieten Deutschlands gehört, werden laut Studie die Niederschläge von
derzeit 560 Millimeter (Liter pro Quadratmeter) pro Jahr bis 2055 auf unter
450 Millimeter sinken. Das Problem: Die stärksten Rückgänge sind in den Sommermonaten
zu. erwarten, so dass die Landwirtschaft mit häufigeren Dürren rechnen muss.
Besonders trockene Zeiten kommen demnach auf die Uckermark,
den Fläming und die Niederlausitz zu, wo nur noch 400 Millimeter pro
Jahr erwartet werden.
Die Lausitzer
Rundschau vom 06.09.2003 übernimmt eine Meldung von dpa, in der festgestellt
wird:
Höchste Oberflächentemperaturen seit über 2000 Jahren
WASHINGTON. Im späten 20. Jahrhundert war es auf
der Nordhalbkugel der Erde wärmer als in den gesamten 2000 Jahren zuvor. Das
geht aus einer Analyse der Oberflächentemperaturen hervor, die britische und
amerikanische Forscher veröffentlicht haben. Der Temperatur-Anstieg der
vergangenen Jahrzehnte sei ohne Beispiel und stelle selbst das "moderat
wärmere Intervall von 800 bis 1200 bei weitem in den Schatten", heißt es.
Die Forscher hatten verschiedene Einzeltintersuchungen aus
vielen Teilen der Erde ausgewertet. Sie mittelten und verglichen die darin aus Sedimenten,
Baumringen oder Eiskernbohrungen bestimmten Oberflächentemperaturen vergangener
Zeiten nach einem neuen Verfahren. Die kältesten Perioden der beiden
Jahrtausende auf der nördlichen Halbkugel waren demnach das 6., 15., 17. und
19. Jahrhundert.
(dpa/wil)
Das ist das künftige Thema: Nicht nur über Klimawandel reden, sondern handeln
Großräschen gibt Auftakt für
klimaangepasste Regionalplanung
Cottbus. Die
Energieregion Lausitz-Spreewald wird gemeinsam mit der Region Uckermark-Barnjm
Experimentier- und Forschungsfeld für eine klimaangepasste Regionalplanung. Das
Projekt ist eines von 24 des Innovationsnetzwerkes Klimaanpassung Berlin
Brandenburg (Inka BB). Führende Forschungseinrichtungen aus Brandenburg und
Berlin entwickeln Inka BB zusammen mit Fachverbänden, Unternehmen, Behörden und
Interessenorganisationen.
Regionaler
Auftakt ist am heutigen Donnerstag (26.11.2009) auf
den IBA-Terrassen in Großräschen (Oberspreewald- Lausitz).
Inka BB ist eines
von bundesweit sieben Forschungsprojekten zur Entwicklung von
Anpassungsstrategien an den Klimawandel.
Eig. Ber./B.M.
Quelle: Lausitzer Rundschau, 26.11.2009
Reaktionen auf den Klimawandel
Energieregion Lausitz-Spreewald erarbeitet
angepasstes Regional-Modell
Dürreperioden
im Wechsel mit Starkregen - Klimaforscher sagen die Zunahme von
Extremwetterlagen in der Lausitz voraus. Die Frage ist: Wie damit umgehen? Das
wollen Akteure der Energieregion Lausitz-Spreewald mit Partnern aus der Region
Uckermark-Barnim klären. Innerhalb des Innovationsnetzwerkes Klimaanpassung
Brandenburg Berlin (Inka BB) prüfen sie Kriterien für eine klimaadaptierte
Regionalplanung. Damit zeichnen sie für eines von insgesamt 24 Teilprojekten
verantwortlich.
Von Beate Möschl
"Es geht
nicht mehr um die Vermeidung, sondern um die Anpassung an den
Klimawandel", sagt Carsten Maluszczak, Leiter der Regionalen
Planungsstelle Lausitz-Spreewald in Cottbus. Seit 2007 beschäftige sich die
Planungsstelle damit, damals noch unter dem Projektnamen Perlas - Perspektive
Lausitz-Spreewald. Der Antrag auf Förderung im Rahmen der Klimzug-
Forschungsvorhaben des Bundes fruchtete. Allerdings anders als gedacht, wie
Ralf Ullrich, stellvertretender Planungsstellenleiter, sagt: "Es erging
der Auftrag an alle vier Antragsteller aus Forschung und Praxis Berlin und
Brandenburgs, sich zu vernetzen, um gemeinsam Anpassungsstrategien an die
Folgen des Klimawandels zu entwickeln, zu erproben und zu verstetigen. Ergebnis
ist Inka BB, ein Verbundforschungsvorhaben aus 24 Teilprojekten in den drei
Handlungsfeldern Wassermanagement, Landnutzung sowie Netzwerkentwicklung und
-sicherung." Die Planungsgemeinschaften LausitzSpreewald und Uckermark-Barnim
sind räumlicher Forschungsschwerpunkt.
Konkurrenz um Flächen
Im Teilprojekt
"Klimaadaptierte Regionalplanung" wird Ullrich zufolge geprüft,
welche Kriterien unter dem Aspekt von Klimafolgen künftig in die
Regionalplanung einfließen müssen. Denkbar sei beispielsweise Flächenvorrang in
der Landwirtschaft zu prüfen.
"Wenn in der Hauptvegetationszeit Dürren herrschen, muss die Frage gestellt werden, ob die noch einigermaßen ertragreichen Felder dem Biomasseanbau für energetische Zwecke dienen dürfen, oder ob die Lebensmittel- und Futter
produktion
Vorrang haben sollte", erklärt Maluszczak.
Dafür müssten
unter anderem Aussagen über die Bodengüte, aber auch über die
Wasserspeicherfähigkeit, natürliche und künstliche Beregnung, stressresistente
Baumarten, Getreide- und Gemüsesorten und ähnliches herangezogen werden.
"Hier geht es nicht mehr um die selektive fachspezifische Betrachtung,
sondern um den großen übergreifenden Zusammenhang", sagt er und betont:
"Wir streben nach einer sachlichen Prüfung, ohne Panik oder Konkurrenz zwischen
Wirtschaftszweigen auszulösen. Ziel ist, Wege zu finden, wie wirtschaftliche,
kommunale und Landesinteressen und das Gemeinwohl unter einen Hut zu bringen
sind, obwohl die Konkurrenz um Flächen und Wasser zunimmt."
Die zu
prüfenden Szenarien seien vielfältig, bestätigt Sven Knothe, von der
Fachhochschule Eberswalde für Inka BB in die Region Lausitz-Spreewald
abgeordneter Mitarbeiter im Teilprojekt Klimaangepasste Regionalplanung.
Zunächst gehe es darum zu prüfen, ob Maßnahmen ergriffen werden müssen, und
dann zu schauen und zu erproben, welche geeignet sind. Das erfolge parallel in
den Planungsregionen Lausitz-Spreewald und Uckermark-Barnim.
Ausgangsbasis
seien Klimaszenarien, die das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung
bereitstellt.
Handlungsvorsprung sichern
Mit im Boot bei
Inka BB sind aus der Region Lausitz-Spreewald nach Aussage von Knothe und
Ullrich unter anderem die Brandenburgische Technische Universität Cottbus, der
Bergbausanierer LMBV, der Energiekonzern Vattenfall und der Wasser- und
Bodenverband "Oberland Calau". Im Gesamtverbund sind darüber hinaus
das Landesumweltamt Brandenburgs und das Landesamt für Bergbau, Geologie und
Rohstoffe beteiligt sowie die Leibniz- Institute für Agrarlandschaftsforschung
Müncheberg, für Agrartechnik und für Regionalentwicklung und Strukturplanung
Erkner, aber auch die Fachhochschule Eberswalde, die Humboldt- Universität
Berlin, die Berliner Charite und der Landesbauernverband.
Bis April 2014
läuft das vom Bund geförderte Forschungsvorhaben. Dann soll ein modellhafter
klimaangepasster Regionalplan vorliegen. "Am Ende wird die Energie- und
Klimaregion Lausitz-Spreewald deutschlandweit mit zu den ersten, die über
geeignete regionalplanerische Steuerungsmechanismen im Klimawandel und gut sensibilisierte
Akteure verfügt", frohlockt Maluszak.
ZUM THEMA
Inka BB
(Innovationsnetzwerk Klimaanpassung BrandenburgBerlin) wird vom
Bundesforschungsministerium als eines von bundesweit sieben Klimzug-Vorhaben
bis 2014 mit 15 Millionen Euro unterstützt. Klimzug steht für Klimawandel in
Regionen zukunftsfähig gestalten. Ziel ist, durch regionale
Kooperationsnetzwerke zwischen Wissenschaft, Unternehmen, Verwaltung und
Interessenverbänden die Stärken der Akteure zu bündeln und eine Integration der
zu erwartenden Klimaänderungen in regionale Planungs- und Entwicklungsprozesse
zu erreichen, die langfristig tragfähig ist und den Wirtschaftsstandort stärkt.
Projektkoordinator ist das Institut für Sozioökonomie am Leibniz-Zentrum für
Agrarlandschaftsforschung Müncheberg (ZALF). Netzwerkpartner sind zwölf
Forschungseinrichtungen, 15 Interessenverbände sowie über 30 Unternehmen,
kommunale Verwaltungen und Landesbehörden.
Quelle: Lausitzer Rundschau, 26.11.2009
Lausitzer reagieren auf regionales Klima-
Netzwerk Inka BB
80 Partner beim
Auftakt auf IBA-Terrassen im Gespräch
Cottbus. Das
Innovationsnetzwerk Klimaanpassung Brandenburg Berlin (Inka BB) weckt hohe
Erwartungen. Das wurde beim regionalen Auftakt am Donnerstag (26.11.2009) in Großräschen (Oberspreewald-Lausitz)
deutlich. 80 bereits aktive und potenzielle Partner für die 24 Teilprojekte zur
Entwicklung und Erprobung von Strategien zur Anpassung an den Klimawandel
suchten das Gespräch miteinander. Ob Naturschützer, Wissenschaftler,
Bürgermeister oder Ingenieure.
Die zentrale
Sorge der Lausitzer rankte sich um den Wasserhaushalt in der Region.
Während bei der Vorstellung der Inka- BB- Projekte das Thema Wassermangel dominierte, verwies Großräschens Bürgermeister Thomas Zenker (SPD) am Rande darauf,
dass das
subjektive Erleben einiger Lausitzer ein anderes ist:
Durch den
Grundwasserwiederanstieg nach dem Rückzug des Braunkohlebergbaus müssten sie
eher mit einem Überangebot fertig werden. Wo eine auf Dauer akzeptable Lösung
liegt, bedürfe noch der Klärung, so Zenker, der hier viel Konfliktpotenzial
sieht.
Prof. Dr. Klaus Müller vom koordinierenden Leibniz- Zentrum für Agrarlandschaftsforschung Müncheberg verwies darauf, dass alle Anregungen aufgenommen werden und der Kreis der Partner erweiterbar ist. Eig. Ber.jB.M.
Quelle: Lausitzer Rundschau, 27.11.2009
Mit dem Klimawandel wandert die Südeiche
in deutsche Wälder ein
Mehr heiße
Sommer bedrohen Fichten und Buchen
VON JÜRGEN OEDER
Deutsche Eiche, deutsche Tanne, deutscher Wald: Seit der Romantik ranken sich um die heimischen Bäume Mythen. Den angeblich ewigen Wäldern steht aber wegen der Klimaerwärmung ein womöglich tief greifender Wandel bevor. Privatbesitzer, die die Hälfte der heute 10,8 Millionen Hektar deutschen Waldes bewirtschaften, wollen die hitzeanfälligen Bäume Fichte und Buche durch nicht heimische Arten ersetzen. Diese kommen aus Kanada, Spanien, Portugal und Italien und könnten nicht nur das Bild vom deutschen Wald verändern.
Auch Insekten, Vögel und andere Tiere müssten sich auf die Zuwanderer einstellen. Im Streit um die Zukunft des Waldes ist viel Ideologie im Spiel: "Die einen sagen' Ausländer raus', und die andern sprechen von „Rassismus im Wald"', sagt Ute Seeling von der Arbeitsgemeinschaft deutscher Waldbesitzer.
Einig sind sich beide Lager aber in der Diagnose:
Ein Klimawandel mit einem mittleren Temperaturanstieg von zwei bis drei Grad Celsius in den kommenden 100 Jahren wird in Deutschland womöglich zu mehr heißen Sommern wie dem von 2003 führen und zu mehr Orkanen. Für die Sparschweine der Waldbesitzer, die schnell wachsenden Fichten, ist das Gift: Ihr flaches Wurzelgeflecht reißt ab und kann bei Trockenheit noch weniger Wasser aufnehmen als sonst.
"Ganze Wälder gehen dann womöglich
stehend k.o., wenn hungrige Borkenkäfer auf solch vorgeschädigten Bäume
treffen", sagt Seeling. In Gebieten, wo Kyrill wütete, ist das vielleicht
schon bald der Fall. Um den Käfern nicht noch zusätzliche Brutstätten zu
bieten, werden dort mit Hochdruck 30 Millionen Festmeter umgestürzter Bäume aus
den Wäldern gezogen. Doch die Arbeiten dauern bis in den Sommer, weil es an Lkw
fehlt, um die Stämme abzufahren. Nun sollen die Bäume an Wegrändern gelagert
und mit Insektengift imprägniert werden. Dies ist eine Methode, die Zukunft
haben könnte: Die Forstwissenschaftlerin Annette Menzel von der TU München
verweist auf eine Studie, wonach sich wegen der Klimaerwärmung die Käferplage
bis 2015 verdreifachen könnte.
Waldbauern sind
ratlos. Zwar können ihnen Experten sagen, dass Fichtenwälder wegen der
zunehmenden Trockenheit keine Zukunft haben.
Doch exakt
vorhersagen, wie sich das Klima in den nächsten 80 bis 100 Jahren, dem Erntezeitraum
von heute gepflanzten Fichten und Buchen, entwickelt und welche Bäume gepflanzt
werden sollen, können die Klimaforscher nicht.
Wegen solcher
Unwägbarkeiten wollen nun immer mehr Waldbesitzer die von Orkan und Käfer
gebeutelten Fichten durch Douglasien ersetzen schnell wachsende Bäume aus
Kanada, die sich schon nach nur 50 Jahren in dicke Balken sägen lassen.
Für Ökologen ist dieser Weihnachtsbaum allerdings ein rotes Tuch:
Seine Samen
dienen nur etwa sieben europäischen Vogelarten als Futter, die von Tanne und Fichte
ernähren bis zu 39 Arten, wie Experten erläutern.
Ersatz für die
ebenfalls vom Trockentod bedrohte Buche könnten Wärme liebende Eichenarten aus
Südeuropa sein. Die kleinwüchsigen Italiener und Spanier wären hiesigen
Waldliebhabern ein fremder Anblick. Doch ob nun Tanne und Kiefer statt
Douglasie und Südeiche: "Wir sind keine Hellseher. Um das
betriebswirtschaftliche Risiko in den kommenden 100 Jahren zu minimieren,
sollten sich unsere Mitglieder mit Mischwäldern
breit aufstellen", empfiehlt Seelinger.
Gesunde
Mischwälder wären auch im Sinne der Klimatologen:
Jeder Baum produziert
durchschnittlich 1,7 Tonnen Sauerstoff im
Jahr,
filtert sieben Tonnen Staub aus der Luft und
verhindert den Abfluss von 70000 Litern
Wasser im Jahr.
Alle Bäume zusammen binden bundesweit bis
zu zwölf Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr –
ein Vielfaches des CO 2-Emissionshandels der deutschen Industrie.
Quelle: Lausitzer Rundschau, 26.02.2007
Italienische
Aussichten
Die Südbrandenburger
müssen sich daran gewöhnen, dass die Alleen hierzulande künftig denen in
südlichen Gefilden ähneln. Zu dem Schluss kommt Oliver Wagner Ingenieur für
Landschaftsplanung, in seiner Diplomarbeit. Er hat den Zustand von Alleen im
Landkreis Dahme-Spreewald analysiert. Wegen des Klimawandels empfiehlt er
beispielsweise die Pflanzung von Zerr-Eichen, wie sie aus Südeuropa bekannt
sind. Die Baumart könne auch längere Durststrecken verkraften.
Quelle: Lausitzer Rundschau, 10.07.2008
Man hat lange nichts zu diesem Thema lesen können .... Ob das mit dem langen kalten Winter zusammenhing ... ?
Wetterexperten: Klimawandel verändert Landwirtschaft
Berlin (dpa) Deutschlands Landwirte müssen sich - vor allem im Nordosten - mittelfristig auf deutlich trockenere Sommer einstellen. Weniger Regen im Frühling und Sommer, dafür mildere, feuchte und frostfreie Winter sagt der Deutsche Wetterdienst (DWD) in seinem Klima-Report 2009 voraus.
Die Landwirtschaft im Norden Deutschlands muss sich künftig auf trockenere Sommer einstellen.
Es gelte deshalb vielerorts auf andere, wärmeliebende Getreide- und Fruchtsorten auszuweichen und auch neue Wege bei der Bewässerungstechnik zu gehen, betonte DWD-Klimaexperte Paul Becker am Dienstag in Berlin. Trotz des vergangenen kalten Winters gehe die Reise des Klimazuges langfristig klar in eine Richtung. «Er fährt bergauf», sagte DWD-Präsident Wolfgang Kusch.
Die vergangene Dekade sei die wärmste seit 130 Jahren gewesen. «Von einer Trendumkehr kann keine Rede sein», wies Kusch kritische Einwände gegen den Klimatrend zurück, die nach einigen Berechnungsfehlern des Weltklimarates laut worden waren. «Hier muss man die Kirche im Dorf lassen.» Zudem gebe es anders als bei der Durchschnittstemperatur bei der CO2-Konzentration keinerlei Auf und Ab: «Jedes Jahr bringt höhere Werte. Wir müssen handeln!».
Bis zum Ende des Jahrhunderts erwarten die DWD-Experten trotz derzeitiger Klimaschutzbemühungen einen Temperaturanstieg von zwei bis vier Grad Celsius. Neben ihren eigenen umfangreichen Messdaten legten die Wetterexperten dazu auch diverse Klimamodelle anderer Forschungseinrichtungen zu Grunde.
Für die Landwirtschaft heißt das laut DWD zweierlei: «Die Erträge können steigen, weil zweimal geerntet werden kann. Entscheidend ist allerdings, ob ausreichend Wasser vorhanden ist», sagte Becker. So bringen auch die milderen Winter mögliche Probleme: Durch den fehlenden Frost werden die Böden nicht aufgelockert. «Alle Landwirte müssen damit rechnen, dass mildere Winter die Gefahr von Schädlingsbefall erhöhen und neue Schädling einwandern», sagte Becker und erinnerte an die Blattlausplage nach dem milden Winter 2006/07.
Auch die Wälder müssten sich verändern, um bestehen zu können: Statt auf die Hitze- und Trockenheits-empfindlichen Fichten, werden Förster vermehrt auf robustere Douglasien und Roteichen setzen. Auch gegen Schädlinge wie Mai- oder Borkenkäfer seien Mischwälder widerstandsfähiger. Viele regionale Details seien noch unklar, betonte Becker. Aber vermutlich werde die nordeuropäische Landwirtschaft, wenn sie sich den veränderten Bedingungen anpasse, zu den Profiteuren des Klimawandels gehören.
Im erst vor kurzem eingerichteten «Klimaatlas Deutschland» wurde eigens eine agrarmeteorologische Seite frei geschaltet (www.dwd.de/klimaatlas).
Quelle: Lausitzer Rundschau, 27.04.2010
Klimawandel vor der Tür von Stefan Vetter
Die Rundschau erklärt Trotz des harten Winters bleibt der Trend zur globalen Erwärmung ungebrochen. Der Klimazug habe nach wie vor ein klares Fahrtziel: „Es geht bergauf“, sagte der Präsident des Deutschen Wetterdienstes, Wolfgang Kusch, bei der Vorstellung des aktuellen Klima-Reports am gestrigen Dienstag in Berlin. So werde Deutschland in Zukunft mit immer trockeneren Sommern und deutlich mehr Regen im Winter zurecht kommen müssen.
Die RUNDSCHAU erklärt den Klima-Bericht.
War 2009 ein
besonderes klimatisches Jahr?
Nein. 2009 war das 13. wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor 130 Jahren. Im Vorjahr verzeichnete Deutschland eine Durchschnittstemperatur von 9,2 Grad Celsius. Das waren 0,9 Grad mehr als im Schnitt der Jahre 1961 bis 1990. Betrachtet man ganz Europa, so war 2009 das siebtwärmste Jahr seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Weltweit lag 2009 auf Rang fünf. Das bedeutet unter dem Strich: Es gab zwar keine neuen Rekorde, aber der Erwärmungstrend ist offensichtlich.
Wie stark ist
die Erwärmung im langjährigen Mittel?
Seit 1881 ist die Jahresdurchschnittstemperatur in Deutschland um 1,1 Grad
gestiegen. Das Jahrzehnt von 2000 bis 2009 war weltweit das wärmste seit Beginn
der Wetteraufzeichnungen. Selbst das in diesem Zeitraum kühlste Jahr, nämlich
2004, lag mit 8,9 Grad noch deutlich über dem langjährigen Mittel von 8,2 Grad
in Deutschland.
Gibt es
regionale Unterschiede?
Eindeutig ja. Im Saarland legte die Jahresdurchschnittstemperatur seit 1881 am meisten zu – und zwar um 1,4 auf 8,9 Grad. Dagegen betrug der Temperaturanstieg in Mecklenburg-Vorpommern lediglich 0,6 Grad. Brandenburg verzeichnete einen Anstieg von 0,8 auf immerhin 8,7 Grad, und in Sachsen stieg die Temperatur um 1,0 auf 8,1 Grad. Grundsätzlich ist erkennbar, dass im Westen Deutschlands eine stärkere Erwärmung zu beobachten ist als im Nordosten der Republik.
Wo regnet es am meisten in Deutschland?
Die größte Niederschlagsmenge wird in Baden-Württemberg gemessen. Im
Jahresmittel fallen hier 980 Liter Regen pro Quadratmeter. Am trockensten ist
es in Sachsen-Anhalt mit 547 Litern pro Quadratmeter. Der gesamtdeutsche
Durchschnitt liegt bei 789 Litern Regen pro Quadratmeter im Jahr.
Welche Folgen hat der Klimawandel für die Bauern?
Wegen der steigenden Temperaturen muss sich die Landwirtschaft zunehmend auf
Wärme liebende Getreide- und Fruchtsorten einstellen. Was die Erträge angeht,
so gibt es zwei gegenläufige Tendenzen: Durch die Erwärmung ist eigentlich mit
einer Steigerung der Erträge zu rechnen. Wegen der milderen Winter kann
allerdings der Bodenfrost nicht mehr so stark ins Erdreich eindringen, was die
auflockernde Wirkung des Frosts beeinträchtigt. Dadurch können die Erträge
sinken. Mildere Winter bergen zudem die Gefahr von höherem Schädlingsbefall.
Das gilt vor allem für die Waldbewirtschaftung.
Lässt sich der Klimawandel stoppen?
Nein, sagt der Klima-Analytiker beim Deutschen Wetterdienst, Gerhard
Müller-Westermeier.
Selbst wenn sämtliche Schadstoffemissionen komplett gestoppt würden, käme es bis zum Ende des Jahrhunderts zu einem Temperaturanstieg um knapp ein Grad Celsius.
Ginge der Ausstoß
ungebremst weiter, seien jedoch bis zu sechs Grad mehr möglich. Um das
Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, mit dem der Klimawandel noch beherrschbar
erscheint, müssten laut Müller-Westermeier die Emissionen schon in den nächsten
20 Jahren um die Hälfte reduziert werden. Entsprechende politische Festlegungen
auf globaler Ebene sucht man allerdings noch immer vergebens.
Quelle: Lausitzer Rundschau, 28.04.2010
Temperaturbilanz für das jahr 2010:
Es ist zu warm im Land – der nasse Sommer täuscht
Berlin Ein Ende der Erderwärmung ist nicht in Sicht. 2010 war weltweit betrachtet das drittwärmste Jahr seit Beginn der Messungen. Trotz aller internationalen Bemühungen wurden fast 31 Milliarden Tonnen CO in die Atmosphäre geblasen.
Wer derzeit in einem verregneten Urlaub leidet, wird es kaum glauben – nach Ansicht der Meteorologen war 2011 bisher zu warm. Foto: dpa
Der Klimawandel
ist in Deutschland angekommen. Bundesweit ist die durchschnittliche
Jahrestemperatur seit 1881, dem Jahr des Beginns der Messungen, um 1,13 Grad
gestiegen. Und auch die Regenmenge hat seitdem stark zugenommen, im Mittel um
11,5 Prozent.
Dabei waren die Wintermonate mit 26 Prozent mehr Regen deutlich nasser als die
Sommer, in denen sogar 1,6 Prozent weniger Regen fiel. Das zeigen Daten, die der
Deutsche Wetterdienst (DWD)am gestrigen Dienstag in Berlin veröffentlichte.
Der aktuelle grün angestrichene Winter scheint dem langfristigen Trend zu
widersprechen. Doch ist das, meinten die Wetterforscher, objektiv nur ein
Gefühl.
Im Jahresmittel war 2011 bisher sogar sehr heiß und trocken – das neuntwärmste
und neunttrockenste Jahr seit 1881.
Die sehr sonnigen Frühlingsmonate sind bei den meisten Menschen aber schon
vergessen. Allerdings glauben auch die staatlichen Wetterfrösche nicht, dass das
laufende Jahr am Ende noch in der Spitzengruppe landen wird.
Dazu haben die Juli-Tiefs bereits zu viele Spuren in der Statistik hinterlassen.
Einen echten Ausrutscher vom Langzeittrend gab es allerdings 2010, als es zum
ersten Mal seit 1996-mal wieder abkühlte und um 0,4 Grad kälter war als das
langjährige Mittel von 8,2 Grad. Der eisige und lange Winter 2009/2010 machte es
möglich.
Aber in Sachen Erderwärmung ist auch das keine Entwarnung. Da Deutschland nur
etwas weniger als ein Tausendstel der Erdoberfläche ausmacht, sind solche
Abweichungen zufällig und kein Beweis gegen den Klimawandel.
Im Gegenteil. 2010 war weltweit betrachtet das drittwärmste Jahr seit Beginn der
Messungen. Trotz aller internationalen Bemühungen wurden fast 31 Milliarden
Tonnen CO in die Atmosphäre geblasen, ein neuer Rekord. Die Konzentration des
Kohlendioxids stieg von 356 Teilen pro eine Million Teile im Jahr 1991 auf jetzt
392 Teile.
Das Zwei-Grad-Ziel, die Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad, ist nach
Ansicht der Forscher schon jetzt nicht mehr zu halten. Ein durchschnittliches
Plus von drei Grad und mehr sei wahrscheinlich. Ein Prozent Erwärmung werde sich
paradoxerweise allein durch die bessere Luftreinhaltung in vielen
Industriestaaten ergeben. Denn Aerosole und Partikel aus Schwerindustrie,
Hausbrand und Verkehr liegen derzeit noch wie eine kühlende Decke über der Erde.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die deutsche Wetterstatistik sind regional
sehr unterschiedlich. Die vorherrschende atlantische Wetterlage macht sich
bemerkbar. So scheint eine unsichtbare Zonengrenze über Deutschland zu liegen.
Die Niederschlagsmengen sind im Osten deutlich weniger angestiegen als im
Westen. Während in der alten Bundesrepublik zwischen 17 Prozent (Hamburg) und
11,6 Prozent (Rheinland-Pfalz) mehr Regen fiel, lagen die Zuwächse in den neuen
Ländern überall im einstelligen Prozentbereich.
In Sachsen ist es heute sogar trockener als vor 130 Jahren, minus 2,3 Prozent
Regenmenge. Ähnlich bei den Temperaturen. Spitzenreiter beim Temperaturanstieg
war mit plus 1,44 Grad das Saarland vor Hamburg (plus 1,37 Grad),
Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz (beide plus 1,28 Grad).
In Mecklenburg-Vorpommern wurde es hingegen in den vergangenen 130 Jahren nur um
0,62 Grad wärmer, so die Meteorologen.
Alle Daten finden Sie unter
www.dwd.de
Von Werner Kolhoff
Quelle: Lausitzer Rundschau, 27.07.2011
Lausitzer
Ackerbau unter Extrembedingungen
Cottbus Der Klimawandel wird für Lausitzer Landwirte
zur Herausforderung. Dr. Johann Bachinger und seine Kollegen am Leibniz-Zentrum
für Agrarlandforschung in Müncheberg (Märkisch-Oderland) entwickeln mit
weiteren Forschungseinrichtungen in Brandenburg und Berlin
Anpassungsstrategien.
20.05.2010
Pflügen in der
Staubfontäne wird für
viele Landwirte zum Alltag. Nur als Silhouette ist ein Traktor zu erkennen, der
auf einem Feld bei Klein Radden (Oberspreewald-Lausitz) seine Bahnen zieht.
Herr
Bachinger, Sie sind wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für
Landnutzungssysteme am Leibniz-Zentrum und einer der Koordinatoren bei dem
Projekt „Innovationsnetzwerk Klimaanpassung Berlin-Brandenburg“ (Inka BB). Wie
bedroht ist die Landwirtschaft in der Lausitz mit ihren schlechten Böden?
Der Klimawandel
soll laut den Prognosen im Winter mehr und im Sommer weniger Niederschläge mit
sich bringen. Die Vegetationsperiode wird länger, die Extremniederschläge
nehmen zu. Dabei greift der Klimawandel die landwirtschaftlichen Flächen in
Brandenburg stärker an als in anderen Bundesländern. Innerhalb Brandenburgs ist
die Lausitz mit ihren sandigen Böden, die schlecht Wasser halten und leicht
abgetragen werden können, schon besonders benachteiligt. Die Landwirte sind
sich der Herausforderung aber bewusst.
Sie arbeiten
beim Inka-BB-Projekt mit mehreren Landwirten in der Uckermark und in der
Lausitz zusammen, unternehmen gemeinsam Feldversuche und Praxistests. Was wird
dabei erprobt und zu welchem Zweck?
Neue
Fruchtsorten, neue Bodenbearbeitungs- und Beregnungssysteme, der Anbau
verschiedener Fruchtfolgen samt Zwischenfrüchten. Es geht darum, im Boden viel
stärker als bisher Bioporen auszubilden. Der Boden soll so Niederschläge, auch
die künftig häufiger auftretenden Gewitterregen, besser aufnehmen können.
Was kann
konkret der einzelne Landwirt in der Lausitz tun, um mit den Folgen des
Klimawandels umzugehen?
Damit jeder für
sich die richtige Strategie findet, wollen wir ihnen Hinweise und neue
Erkenntnisse auf den Weg geben. So sind wir im Institut zum Beispiel der
Meinung, dass stärker als bisher mit Zwischenfrüchten gearbeitet werden sollte,
damit in der langen Periode zwischen Ernte und Ansaat der Boden nicht
ungeschützt daliegt. Er ist in der Lausitz ohnehin schon relativ
wasserabweisend, nährstoffarm, erosionsgefährdet und schwer zu durchwurzeln.
Zwischenfrüchte wie Kleegras oder Hauptfrüchte wie Luzerne oder Winterroggen
halten den Boden fest. Sie verhindern, dass Regen die Nährstoffe auswäscht und
haben außerdem den Vorteil, wie Gründünger zu wirken. Sie reduzieren den
Stickstoffverlust und fördern den Humusaufbau.
Reicht das
aus, um das knappe Gut Wasser im Boden zu halten und für Feldfrüchte zugänglich
zu machen?
Dazu gehört mehr.
Wir raten Landwirten, die Flucht nach unten anzutreten. Luzerne etwa treibt mit
ihren Pfahlwurzeln Bioporen in die Erde. Noch besser kanalisieren Regenwürmer
den Boden. Ihre Tunnel sind relativ stabile Röhren, weil die Innenwände
verklebt sind. Mit diesem Röhrensystem speichert der Boden Feuchtigkeit,
ähnlich wie ein Schwamm.
Luzerne kann
man anbauen. Regenwürmer aber lassen sich nicht über den Acker streuen.
Der Regenwurm
lebt, wo er sich wohlfühlt. Und das ist nicht dort, wo viel gepflügt und wenig
pflanzliche Rückstände an der Oberfläche bleiben. Wenn es feucht ist, kann sich
beim Pflügen außerdem eine Pflugsohle bilden, die wie eine Barriere wirkt.
Wasser und Wurzeln kommen da nur schwer durch. Da die Winter künftig noch
regenreicher werden, muss außerdem mit feuchteren Äckern im Frühjahr gerechnet
werden – und das bei einem immer früher einsetzenden Vegetationsbeginn. Auf
diesen feuchten Böden ist die Gefahr groß, dass sie beim Pflügen schadhaft
verdichtet werden.
Was empfehlen
Sie statt des Pflügens?
Wir probieren im
Rahmen des Inka-BB-Projektes das Direktsaatverfahren aus, außerdem den
Ringschneider, eine bayerische Entwicklung. Dabei werden die Wurzeln der
Zwischenfrüchte knapp unter der Erdoberfläche gekappt. Sie sterben ab, ohne
dass der Landwirt Unkrautbekämpfungsmittel einsetzen muss.
Anders als die
Winter sollen die Sommer im Zuge des Klimawandels immer regenärmer werden. Kann
mehr Beregnung Teil einer Anpassungsstrategie sein?
Das muss ein
Landwirt für sich genau durchrechnen. Beregnung ist teuer und lohnt oft nur
beim Anbau hochwertiger Feldfrüchte wie Gemüse. Dabei ist heute nur noch eine
hocheffiziente Tröpfchenberegnung empfehlenswert. Dabei sickert über kleine
Löcher in Schläuchen eine vorher genau berechnete Menge Wasser ein – ohne
Verdunstungsverluste. Der Wasserbedarf der jeweiligen Feldfrucht,
Bodenbeschaffenheit und Wasserdampfsättigung gehen in die Berechnung durch
moderne Computerprogramme ein. Auch an dieser effizienten Bewässerungssteuerung
arbeiten wir in Teilprojekten von Inka BB.
Die
Niederschlagsmengen werden in Brandenburg nicht abnehmen, aber starken
Schwankungen unterliegen.
Biobauern
verwenden zum Teil alte, regionaltypische Sorten. Sie sagen, diese Sorten kämen
am besten mit den herrschenden Bedingungen zurecht. Sind die
Fruchtsorten-Experimente da überhaupt notwendig?
Die Verwendung
alter Sorten gehört zur Philosophie der Biobauern. Es ist aber leicht
nachweisbar, dass neue Sorten genauso trockenstressresistent sein können und
dabei höhere Erträge bringen. Neue Weizensorten bringen heute Erträge von 100
Dezitonnen pro Hektar. In den 1970er-Jahren waren noch Erträge von 40 bis 60
Dezitonnen üblich. Moderne Getreidesorten tolerieren Trockenheit allerdings
unterschiedlich stark. Die Humboldt-Universität in Berlin untersucht das
gemeinsam mit Landwirten.
Wärmere Winter
sind die Erklärung für den kontinuierlichen Anstieg der Temperatur.
Ist der gerade
in der Lausitz stark ausgeprägte Ökolandbau die richtige Antwort auf den
Klimawandel?
Der ökologische
Landbau ist genauso vom Klimawandel bedroht und anpassungsbedürftig wie der
konventionelle. Die Achillesferse des Ökolandbaus ist die ausreichende Versorgung
mit Stickstoff über eine organische Düngung. Eine Frühjahrstrockenheit hat so
indirekt fatale Folgen für den Ökolandbau. Denn den im Dünger gebundenen
Stickstoff können die Mikroorganismen im Boden nur dann für die Pflanzen
mineralisieren, wenn der Boden ausreichend feucht ist. Den konventionellen
Landbau mit seinen dichteren und gut nährstoffversorgten Beständen hingegen
treffen Trockenperioden ganz direkt, besonders empfindlich ab der Schossphase,
wenn die Halme sprießen, bis zur Blüte. Ist der Boden durch die angesprochene
schadhafte Verdichtung nur unzureichend durchwurzelt, sind die Bestände noch
stärker gefährdet.
Mit Johann
Bachinger sprach Daniel Preikschat
Quelle: Lausitzer Rundschau, 20.05.2 010
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